Florian Albrecht-Schoeck

Teil: XI: Yes, this ain’t a photography! – Über meine neue Arbeit: „Squares“, und die nicht geringere Frage: Was ist Fotografie überhaupt noch?
Bild aus der neuen Arbeit „Squares“ von Florian Albrecht-Schoeck
16. September 2023

Ja, richtig, diese Feuerstelle, die Sie dort sehen, ist keine Fotografie, auch wenn es so aussieht. Das, was auf den ersten Blick an ein 6 × 6 Mittelformat anmutet, ist ein Rendering aus einem 3D Programm. Die Quelle für das 3D Modell ist Fotogrammetrie. Also auch eine linsenbasierte Technik, wo einfach gesagt aus „vielen“ Fotografien ein 3D-Objekte erstellt wird. Ein großer Unterschied ist jedoch, dass der einmalige Moment des Auslösens wie bei einer Fotografie hierbei obsolet wird. Denn ich kann die Kamera, das Objektiv, die Perspektive, das Licht, einfach alles nach Belieben jederzeit verändern und wieder neu von meinem Computer berechnen lassen. Der zuvor einzigartige Moment, der die Fotografie mit ausmacht, ist somit für ewig immer verfügbar, und beliebig oft reproduzierbar. Anschließend passe ich die Farbtöne noch ein wenig an, und lasse das Bild schlußendlich digital auf analoges Fotopapier ausbelichten oder drucken. Im Bilderrahmen hinter dem Galerie-Glas sind somit fast alle Indikatoren, welche bis heute für eine angeblich „authentische“ Fotografie sprechen, vorhanden, ohne dass es aber eine Fotografie im klassischen Sinn überhaupt noch ist. Was sagt das über das Medium selbst aus? Was war ihre erste Assoziation, als sie das Bild gesehen haben? Vielleicht ist Ihnen der innere Rand im Bild aufgefallen, welcher zunächst wie ein Passepartout anmutet, jedoch für mich als erster visueller Indikator zu verstehen ist, welcher vermittelt und gleichermaßen darauf hinweist, dass etwas nicht so ist, wie es scheint. Die unregelmäßigen Ecken entstanden im 3D Programm, beim „ausschneiden“ des Vierecks.

„Wie definiert man heutzutage überhaupt noch eine Fotografie“?

Bild aus der neuen Arbeit „Squares“ von Florian Albrecht-Schoeck
Ausgedruckte und gerahmte Testbilder aus der Arbeit „Squares“.

Durch meine künstlerischen Prozesse beschäftigt mich innerhalb meines künstlerischen Prozesses immer intensiver die Frage, nach einer zeitgenössischen Definition einer Fotografie: Ist es die überaus romantisierte und antiquierte Vorstellung eines Lichtstrahles, der auf lichtempfindliche Fotoemulsion trifft, und nach einem chemischen Entwicklungsprozess ein durch seine Ränder definiertes, angeblich authentisches Abbild unserer vermeintlichen Realität als Negativ wiedergibt? Oder ist es die binäre digitale Interpretation eines lichtempfindlichen Chips in der Digitalkamera oder einem Smartphone? Ein Chip, welcher ausgehend von seiner Programmierung aus Lichtstrahlen in Farbwerte definiert und wieder vereinfacht formuliert aus einer Menge 1er und 0er, schlußendlich eine digitale Bilddatei erzeugt. Wie viel Einfluss auf meine eigenen Bilder habe ich bei meiner Digitalkamera oder Smartphone überhaupt noch, wenn die Software bereits bildästhetische Entscheidungen trifft. Dies jedoch, ohne dass die fotografierende Person darauf weder Einfluss hat noch sich überhaupt dessen bewusst ist. Viele Personen sehen das Bild direkt nach dem Auslösen auf ihrem Display, bereits manipuliert und verändert, wissen aber nicht, dass es schon von der Software bearbeitet wurde.

Zurück zum Quadrat
Im Jahr 2008 begann ich mit dem Medium Fotografie als Künstler zu arbeiten. Viele Jahre nutzte ich eine analoge Mittelformat-Kamera im 1:1 Format. Daher war es für mich naheliegend, meine hybride Herangehensweise, bestehend aus verschiedenen Techniken (Fotografie, Fotogrammetrie, 3D, AR und VR), in ein 1:1 Format zu übersetzen. Gerahmt an der Wand bekommen die Bilder aus meiner Arbeit „Squares“ eine fast schon gespenstisch realistische Anmutung und machen nicht den Eindruck, dass sie nicht wirklich Teil der Realität sein wollen. Die dazugehörige Möglichkeit, die gerahmten Bilder, in Augmented- und Virtual-Reality aus allen Winkeln in 3D betrachten zu können, gibt der Arbeit bzw. der Fotografie ein weitere visuelle und inhaltliche Vermittlungs-Ebene, welche ich so bisher nicht kannte. Den aktuellen Stand meiner Arbeit kann man dort betrachten: zur Arbeit Squares. Die Arbeit wird aktuell kontinuierlich erweitert.

Weitere Künstler Blog Artikel