Florian Albrecht-Schoeck

Ein Jahr später: #PointOfViewAndNoReturn Teil I – Oktober 2020
Aus der Arbeit #PointOfViewAndNoReturn Teil I – Oktober 2020 von Florian Albrecht-Schoeck
2. Oktober 2021

Ein Jahr später: #PointOfViewAndNoReturn Teil I – Oktober 2020

Vor einem Jahr habe ich den ersten Teil meiner Arbeit „#PointOfViewAndNoReturn“ umgesetzt. Als ich meinen Text zu dieser Arbeit eben nach einem Jahr lass, war ich erschrocken darüber, dass sich nicht viel zum Guten gewendet hat. Aber lesen Sie selbst:

#PointOfViewAndNoReturn
Teil I – Oktober 2020
von Florian Albrecht-Schoeck

Prolog
2020 in einem Satz: Verschwörungserzählungen, Nationalismus und minutiöse Überkorrektheit als Blitzableiter für Ungerechtigkeit, Unsicherheit, Angst und Feigheit.

Das Tribunal tagt.

Ganz ehrlich, es fällt mir zurzeit sehr schwer, zu verstehen, was um uns herum geschieht. Kritische Auseinandersetzung mit politischen Entscheidungen verstehe ich. Aber dass sich selbst ernannte Querdenker ohne Abstand, Maske und Verstand mit gewaltbereiten Nazis inszenieren, lässt mich am Verstand vieler meiner Mitbürger zweifeln. Man spricht von: Diktatur, Sklaverei, Unterwerfung usw.

Ein möglicher Erklärungsansatz könnte der folgende sein: Die Sehnsucht der Menschen nach dem Superschurken, der bösen Partei oder der Diktatur ist nur der Ausdruck ihrer langweiligen Existenz. Durch den Lockdown wurde vielen Menschen möglicherweise in ihren vier Wänden vor Augen geführt, wie sinnlos einiges ist, was man „Alltag“ nennt. Statt Veränderungen als Chance zu sehen, wollen sie schnellstmöglich wieder in die altbewährte Matrix zurück!

Dabei wird jeder mit seinem Handy zu einem Messias, der Inhalte teilt, verbreitet, verteidigt oder selbst inszeniert. Alles Unspektakuläre kann dabei zur Formel der Erkenntnis werden. Auf den schier endlosen Spielwiesen der digitalen Plattformen kann alles zu einem weltbewegenden Produkt werden. Dabei steht schlussendlich etwas recht Egoistisches im Fokus: das Bedürfnis, seinen pseudo-individuellen Wohlstand mit allen Mitteln zu verteidigen. Der Fantasie und Absurdität werden dabei keine Grenzen gesetzt. Der eigene Standpunkt wird dabei zu einer Konstruktion, aus der es kaum noch ein Zurück gibt. Als wäre der Austausch der Dialektik gegen ein eigens inszeniertes Höhlengleichnis total on vogue!

Alles, was zur eigens inszenierten Schattenrealität nicht passt, wird zum Politikum! Dabei wird jedes Thema durch virtuelle Tribunale bewertet, bestärkt oder bekriegt. Hinterfragen gilt nicht, es ist, wie es ist. Die virtuell geschaffenen Gefühle brauchen reale Anknüpfungspunkte. Wie ein Virus sucht sich das inszenierte Gefühl innerhalb der simplen individuellen Weltbilder der Probanden Punkte zum Andocken. Dort kann es sich dann ungestört ausbreiten und vermehren. Schlussendlich wird der Proband seine realitätsfremden Standpunkte und Sichtweisen erbarmungslos verteidigen, im Extremfall mit seinem Leben! Die Realität des Alltäglichen bleibt jedoch bestehen, egal welche Perspektive man einnimmt. Daher braucht der Virus immer neues und größeres Futter, damit das Virtuelle schleichend das Ruder der Realität übernimmt, bis es sich eines Tages selbst vereinnahmt hat.

Das Tribunal tagt weiter.

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