(For English, please scroll down)
Jeden Abend aufs neue, das identische Ritual, damit ich einschlafen konnte: in meinen Gedanken spiele ich die schrecklichsten Szenerien wie Kriege, eine atomare Katastrophe oder etwa einer Zombie-Apokalypse durch, mit der zentralen Frage: wie kann ich das nur überleben? Inhaltliche Grenzen gab es in meiner Fantasie nicht. Zwischen der naiven Logik eines Kindes und der Überforderungen meiner Umgebung, in der ich aufwuchs, konstruierte ich mir schon im frühen Grundschulalter eine Erzähl-Struktur, welche sich zwar einerseits schrecklich anhört, mir aber anderseits Ruhe schenkte, damit ich einschlafen konnte. Meine Gedanken waren dabei noch schlimmer, als das, was mich real umgab, überforderte und gleichermaßen vielschichtig und nachhaltig, für mein Leben verängstigte und prägte.
Bis ich Mitte 30 war, war es für mich eine normale Handlungsweise, um einschlafen, zu können. Umso schlimmer meine Erlebnisse oder Erfahrung in meinem Leben waren, um so schlimmer und düsterer mussten die Szenarien sein, welche ich gedanklich überleben musste, um einschlafen zu können.
Ich kann nur spekulieren, aber im Nachhinein vermute ich, dass ich durch das gedankliche Durchspielen von Überlebensstrategien, innerhalb von gedachten und utopischen Katastrophen-Szenarien, für mich dies eine Strategie war, um einen kurzen Moment das vermeintliche Gefühl von Kontrolle zu erlangen. Genauer gesagt: Kontrolle und Sicherheit, das, was mir in meiner Realität aufgrund verschiedenster Faktoren verwehrt war.
Vor ca. 10 Jahren hörte ich von heute auf morgen damit aus, warum das so war, kann ich nur vermuten. Ich bin nun Mitte 40. Und die Dinge, welche auf dem Bild “Sleep Well” zu sehen sind, sind überwiegend Spielzeuge und Kuscheltiere, welche ich über die Jahrzehnte in Kisten mit mir immer mit umgezogen habe. Ich weiß nicht warum, aber mich packte vor einigen Wochen die Motivation all diese Dinge mithilfe von Fotogrammetrie zu scannen und eine eigene Welt zusammenzubauen. Ich spürte das Verlangen, meine Gedanken und Gefühle von damals, in eine art Traumsequenz visuell zu übersetzen. Die Unmittelbarkeit, dass in einem Traum alles gleichzeitig geschehen kann, vereint mit dem Gefühl der Überforderung, motivierte mich dieses 2 mal 3 Meter großes Wandarbeit zu erstellen, was auch an mittelalterlicher Schlachten-Gemälde etwas erinnert. Auf dem Bild sind viele Szenen, Ereignisse und Dinge zu finden, welche unabhängig voneinander geschehen. Die Plastiksoldaten z. B. haben alle mein Gesicht. Letztlich kämpfe ich gegen mich. Beide Parteien können aber nicht gewinnen, weil sie von zwei Seiten von einem anderen Feind angegriffen werden, während um sie herum die Welt langsam zerfällt. Man sieht alles und nichts zur gleichen Zeit, dabei ist vieles sichtbar und unsichtbar zugleich. Viele der Gegenstände haben für mich persönlich eine wichtige Bedeutung, auf die ich an dieser Stelle aber nicht eingehen möchte.
Kurz zur Technik: Das Bild besteht überwiegend aus hunderten Fotogrammetrie Scans. Kurz zum Begriff Fotogrammetrie: Das ist eine Technik, mit der man von Hilfe von Fotogrammetrie 3D Objekte erstellt. Das Bild wiederum ist ein Rendering, welches 17 Stunden gerechnet wurde, damit es mit einer Auflösung von 200 DPI auf 300 cm x 200 gedruckt oder belichtet werden kann. Es gibt noch eine kleinere Edition von 150 × 100 cm.
Die Technik, mit der ich einen Hybrid aus Fotografie und 3D erstelle, hat mich so gefesselt, dass neue Bilder bereits entstehen. Auch wird es vermutlich zeitnah möglich sein, sich in der Welt zu bewegen. Einen Eindruck bekommt man, in dem folgenden Video. Es ist wichtig zu verstehen, dass es nicht nur ein Bild, sondern eine ganze Umgebung entstanden ist, welche dort entsteht, welche als eine Art Fotografie zugänglich gemacht wird.
An einer Fortsetzung arbeite ich bereits.
Zum Audiokommentar (in Deutsch, aber mit englischen Untertiteln)
Every evening, I repeated the same ritual so to fall asleep: in my mind, I played through the most horrific scenarios such as war, a nuclear catastrophe or a zombie apocalypse, with the central question: how can I survive this? In my fantasy, there was no limitation in terms and content. Between the naive logic of a child and the overwhelming reality of the surroundings in which I was growing up, I constructed a narrative structure for myself at an elementary school age that sounded terrible on the one hand, but on the other gave me peace so I could fall asleep. My thoughts were even more terrible than what surrounded me in reality, overwhelming and equally complex and lasting, frightening and shaping my life.
Until I was in my mid-30s, it was a normal way for me to fall asleep. The worse the events or experiences in my life had been, the scarier and darker the scenarios I had to mentally survive in order to fall asleep.
I can only speculate, but in retrospect I suspect that by mentally playing out survival strategies within imagined and utopian disaster scenarios, this was a strategy for me to gain a temporary sense of control. To be more specific: control and security, which I was denied in my reality because of various factors.
About 10 years ago, I stopped doing it from one day to the next, I can only guess why that was. I am now in my mid-40s and the things you can see in the „Sleep Well“ picture are mainly toys and cuddly toys that I have always moved around with me in boxes over the decades. I don’t know why, but several weeks ago I was motivated to scan all these things using photogrammetry and put together a world of my own. I felt the desire to visually translate my thoughts and feelings from back then into a kind of dream sequence. The immediacy that everything can happen at once in a dream, combined with the feeling of being overwhelmed, motivated me to create this 2 by 3 meter wall artwork, which is also somewhat reminiscent of medieval battle paintings. In the picture there are many scenes, events and things that happen independently of each other. The plastic soldiers, for example, all have my face. In the end, I am fighting against myself. But neither party can win because they are being attacked from two sides by another enemy, while the world slowly falls apart around them. You see everything and nothing at the same time, and many things are visible and invisible at the same time. Many of the objects have an important meaning for me personally, but I don’t want to go into that here.
A short note on the technique: the picture consists mainly of hundreds of photogrammetry scans. A brief explanation of the term photogrammetry: this is a technique used to create 3D objects with the support of photogrammetry. The picture is a rendering that took 17 hours to calculate for printing or exposure at a resolution of 200 DPI on 300 cm x 200. There is also a smaller edition of 150 × 100 cm.
The technique I use to create a hybrid of photography and 3D has captivated me so much that new images are already being created. It will probably also soon be possible to move around in the world. You can get an impression in the following video. It is important to understand that it is not just a picture, but an entire environment that is created there, which is made accessible as a kind of photograph.
I’m already working on a sequel.
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