Florian Albrecht-Schoeck

Teil X: „Ich habe heute Nacht geträumt, dass die Welt untergeht. “
Neuer Blog-Artikel: Teil X: „Ich habe heute Nacht geträumt, dass die Welt untergeht. “ Bild stammt aus der Arbeit „Not Alone“.
22. Oktober 2022

„Ich habe heute Nacht geträumt, dass die Welt untergeht. “

Es ist für mich nicht das erste Mal, dass ich mit dem Gefühl und den Gedanken aufwache, dass ich auf emotionaler und visueller Ebene mich ziemlich exakt an die vermeintlich letzten Minuten meines Traumes erinnern kann. In den letzten Minuten meines Traumes geht es nicht nur um mich, sondern um die vermeintlich letzten Momente unserer Zivilisation.
Am Horizont meines Traumes sehe ich, wie ein Atompilz dem Himmel entgegen wächst. Panisch, im Wissen darüber, dass mein persönliches Ende und das der Zivilisation unmittelbar bevor steht, stehe ich in diesem Szenario ganz allein auf einem weiten Feld. Ich nehme mein Smartphone in die Hand und möchte meiner Lebenspartnerin sagen, dass ich sie liebe und wenigstens mit meiner Stimme bei ihr sein, bevor alles vorbei ist. Ich tippe hektisch in meinem Traum durch das Telefonbuch, finde ihren Namen, möchte sie anrufen. Aber das Telefonnetz funktioniert schon nicht mehr, und während die Druckwelle der Atombombe auf mich unweigerlich zurollt, und alles unter sich dabei begräbt, wache ich auf. Benommen vom Gefühl des unvermeidlichen Endes liege ich im Bett und fühle mich aufgewühlt.

Die Schuldigen der geträumten Apokalypse sind mir egal.
Aufgewacht, ich bin wieder in unserer vermeintlichen Realität angenommen.
Das Gefühl aber ist immer noch in mir. Angst, Hektik und maximale Überforderung. Interessanterweise aber keine Wut! Diejenigen, welche vermeintlich die Schuld und Verantwortung für die geträumte Apokalypse haben, scheinen in meinem Traum keine Rolle zu spielen. Als ein politischer, kritischer Mensch und Künstler könnte ich an dieser Stelle Stunden damit verbringen, darüber zu diskutieren, wer, wann, und warum zu so einem Schritt möglicherweise in unserer Welt fähig wäre. Aber eigentlich ist es doch auch egal, oder? Weil, um es kurz zu machen: wäre es mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Mann, der die Welt ins absolute Chaos stürzen würden. Nebenbei erwähnt: wie so oft in der Menschheitsgeschichte schon geschehen!
Mich interessiert persönlich aber eher die absurde und absolut beängstigende Tatsache, dass die Spezies „Mensch“ theoretisch dazu in der Lage wäre, mit wenigen Knöpfen, unser aller Existenz zu vernichten. Da ist es auch eigentlich egal, wer einen Atomkrieg beginnen würde. Das Ende würde es die Zerstörung von eigentlich allem bedeuten, was wir Zivilisation nennen. Mich beunruhigt eher mehr oder weniger dabei auch die Tatsache, dass die Verantwortung über solch ein Szenario in den Händen einiger weniger Personen auf dieser Welt liegt.

Die Angst ist doch keine neue?
Ich bin Künstler, und kein Physiker, Ökonom oder Historiker. Jedoch ist meines Erachtens die Angst und Auseinandersetzung mit dem Szenario einer atomaren Bedrohung nichts Neues. Dabei mahnen uns Hiroshima und Nagasaki und Ereignisse wie die Kuba-Krise warnen.
Und jetzt aktuell? Ich möchte in diesem Beitrag nicht das aktuelle Weltgeschehen kommentieren. Jedoch ist die Angst vor einer kriegerischen nuklearen Katastrophe gefühlt mehr oder weniger wieder realer geworden. Oder war sie nie weg, und der Unterschied besteht nur darin, dass man jetzt wieder darüber spricht und medial berichtet.

Zurück im Traum
Abgesehen vom absoluten Super-GAU, habe ich das Gefühl, dass vielerorts durch all die Geschehnisse der letzten Jahre wie: Pandemie, Krieg in Europa, Inflation, Energiekrise und ja so „nebenbei“ erwähnt die Klimakrise, der Strom der Verunsicherung und Katastrophen kaum mal abreißt. Ich finde, es fühlt sich oft so an, als wäre das Limit, was ein Mensch im Durchschnitt an Gewicht, Angst und Unsicherheit als Last stemmen kann, schon lange überschritten. Hinzu kommt in meinen Augen die absurde und fragwürdige Situation, dass durch das existierende Finanzsystem bedingt, an der kritischen und unsicheren Situation aktuell, sogar noch Profiteure existieren, welche aus der Situation satte Gewinne generieren. Aber das würde jetzt tatsächlich hier den Rahmen sprengen, wenn ich da weiter und detaillierter nun darauf eingehen würde. Aber vieles fühlt sich in dieser Welt für mich zumindest jetzt schon, wie ein schlimmer Traum an.

Was bleibt mir als Künstler jetzt?
Meine Stimme, meine Perspektive und meine eigene künstlerische Arbeit. Jeder von uns Teil dieser Gesellschaft. Egal, wie unterschiedlich wir auch sind, was wir sagen, denken, fühlen, wie wir aussehen oder wo wir herkommen. Wir leben alle gemeinsam auf diesem Planeten. Wer das noch immer nicht verstanden hat, sollte sich darüber Gedanken machen. Wir sollten uns dementsprechend auch humanistisch verhalten, agieren und planen. Doch scheinbar drohen wir uns Menschen lieber mit Gewalt und Krieg, ziehen Grenzen und beanspruchen Dinge für uns. Mich beunruhigt das aktuelle Weltgeschehen sehr.

Florian Albrecht-Schoeck

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