Wenn ich ehrlich bin, haben mich die scheinbar unerschöpfteren Möglichkeiten, welche ich als kunstschaffende Person mithilfe von KI/Machine Learning habe, vor ein großes Problem gestellt: Es gibt keine wirkliche Limitierung mehr.
Was ist mit Limitierung gemeint?
Was ich damit meine, ist zunächst recht simpel: auf den damaligen Mittelformat-Filmen, welche ich nutzte, war Platz für 12 Motive/Bilder. Die Digitalkameras, mit denen ich anschließend arbeitete, hatten zwischen 32 und 128 GB große SD-Karten. Also Platz für ein paar Hundert bis Tausend Bilder bzw. RAW-Dateien. Kurz gesagt: Ob Film oder Speicherkarte: es gab immer ein Limit. Und mit KI? Alleine mein Rechner, an dem ich überwiegend arbeite, hat 5 GB Festplattenspeicher. Grob im Kopf überschlagen wären da locker Platz für über 1.000.000 generierte Bilder.
Was bedeutet das für meine künstlerische Arbeit? Eine einfache, aber wichtige Erkenntnis.

An sich ist das großartig: Ich kann theoretisch gefühlt unendlich viele Bilder generieren, das Ganze nach meinen Vorstellungen, mit meinen eigenen Modellen. Aber wer soll diese alle anschauen? Und eigentlich muss ich doch eine Auswahl treffen, genauso wie wenn ich mit meiner Kamera an einem künstlerischen Werk arbeite. Aber wo fange ich an und wo höre ich auf? Und in diesem Moment sind wir meiner Meinung nach an einem einfachen, aber bedeutungsvollen Punkt: KI oder eigentlich jede Technik ersetzt eine Sache nicht, welche für eine künstlerische Arbeit immer noch im Wesen nötig ist: eine Idee. Also meine Idee, Vorhaben, Vorstellung oder was auch immer ich vermitteln oder tun möchte.
Aus der Not ein Konzept entwickelt
So habe ich mir ein einfaches, aber schlüssiges Konzept für mich überlegt, wie ich mit der Flut an Bildern, welche ich aktuell produziere, umgehen kann. Meine neue Werkgruppe trägt den Namen: „How it starts — and how it ends“. Es wird viele verschiedene Kapitel geben. Jedes Kapitel besitzt immer 12 Motive. So habe ich für mich einen Rahmen gebaut, welcher Formel mir einen Rahmen vorgibt, aber mir die Freiheit lässt, jedes Kapitel weiter aufzubauen und individuell anzugehen. Und so beginnt das erste Kapitel, über eine Welt zu sprechen, welche es nicht gibt, aber am Ende von unserer erzählt.
Die KI hat gelernt, wie ich unter dem Schlafsack Filme zu entwickeln

Bei meiner neuen Werkgruppe beginne ich mit Schwarz/Weiß-Bildern. Dies vor dem Hintergrund, weil ich es als logisch angesehen habe, diese neue Werkgruppe so zu beginnen, wie ich damals im Jahr 2008 begonnen habe, mit analoger Schwarz-Weiß-Fotografie zu arbeiten: Mir waren alle Regeln egal. Und so habe ich nun Modelle trainiert, welche die düstere und unkonventionelle Weise meiner fotografischen Art und Weise aus den Jahren 2006 bis 2016 darstellen können. Hinzu kommen noch mehrere bewusste ästhetische Entscheidungen, welche die Realität verändern, aber dabei natürlich wirken. Dazu aber mehr, wenn der erste Teil vermutlich kommende Woche fertiggestellt ist.
Ein offenes Buch als Start und eine Limitierung des unendlich reproduzierbaren
Um den Rahmen auch für mich zu definieren, wird jedes Kapitel, welches aus zwölf Motiven besteht, immer als ein Buchblock gebunden werden im A3+ Format. Das Ganze recht unkonventionell, weil ich noch kein Ende dieser Gruppe vorhersehe. Dazu kommt, dass ich mit dem Gedanken spiele, die Dateien der Bilder nach dem Druck als Buch und in einer Edition auf Papier für Bilderrahmen zu löschen und somit eine einfache aber interessante Situation herstelle: Das vermeintlich digital erstellten und reproduzierbaren Bilder werden wieder zu analogen Unikaten.
Mehr dazu bald.